Standard berichtet über neun Personen, die wegen etwas angeklagt werden könnten, d.h. sie wurden vorübergehend festgenommen. Dem Nach diesem Bericht wurde nur eine der neun Personen eigentlich festgenommen (er „blieb … in Polizeigewahrsam“), und das wegen einer Tat versuchter Vandalismus, d.h., er hat angeblich versucht, ein Fenster eines Juweliergeschäfts aufzubrechen. "Gegen den 21-Jährigen wird auch wegen versuchten Einbruchs durch Einschlagen der Auslagenscheibe ermittelt." (Pyrotechnik gegen Polizei in Favoriten ORF 01.01.2021)
Unterdessen versammelten sich am nächsten Tag in Linz, der Hauptstadt des drittbevölkerungsreichsten Bundeslandes Oberösterreich, rund 1.000 Menschen auf dem Stadtplatz in dicht gedrängter Menge, um gegen die Anti-COVID-19-Regelungen zu protestieren. (Corona-Demo füllte am Freitag den Hauptplatz Oberösterreichische Nachrichten 02.01.2021.
Einer dieser Vorfälle hat Österreichs Innenminister Karl Nehammer vor der Christ-Demokratische Volkspartei (ÖVP) zum Start ins neue Jahr provoziert, indem er dies am Neujahrstag auf Facebook postete:
Habe ich schon erwähnt, dass sie eine Verhaftung gemacht haben? Für versuchten Vandalismus?
Die noch unverhohleneren Rechtsaußen - Nehammer ist selbst ein ziemlich unangenehmes Stück Arbeit - nahmen schnell den Hinweis auf, nicht ins Land zu gehören. Norbert Hofer, derzeit Chef der rechtsextremen FPÖ, die für die ÖVP 2017-2019 Bundeskoalitionspartner war, forderte umgehend die Ausweisung der Böller-Verbrecher. (FPÖ-Chef Hofer will Böller-Chaoten abschieben Heute 01.01.2021)
Frohes Neujahr, alle ihr Ausländer, die in Österreich leben!
Oh, habe ich schon bemerkt, dass sie eine Verhaftung gemacht haben? Für versuchten Vandalismus?
Standard ist eine ausgezeichnete Zeitung. Aber achtsames Lesen ist immer emphelenswert. Die Bericht sagt, was ich in den ersten beiden Absätzen hier zusammengefasst habe. Aber die Schlagzeile lautet: "Großeinsatz in Wien: „Mob beschoss Polizisten mit Pyro-Gegenständen“. Und der erste Absatz der Bericht lautet:
In der sonst recht ruhigen Silvesternacht ging es in Wien-Favoriten wild zu: Nachdem es zu etlichen Sachbeschädigungen durch pyrotechnische Gegenstände in der Gegend um den Reumannplatz gekommen war, rückte die Polizei zu einem Großeinsatz aus. Der Mob beschoss Beamte mit Raketen bzw. Böllern, es kam zu zahlreichen vorübergehenden Festnahmen. Zahlreiche "Allahu Akbar"-Rufe sollen zu hören gewesen sein.Der folgende Absatz lässt es noch dramatischer klingen:
Wie die APA erfuhr, wurden auch brennende Gegenstände in Richtung der Polizisten geschleudert. Die pyrotechnischen Gegenstände, die auch gegen die Beamten eingesetzt wurden, sollen die doppelte Sprengkraft einer scharfen Handgranate gehabt haben. Auch ein eintreffender Funkwagen wurde mit Pyrotechnik unter Beschuss genommen, ein Christbaum wurde mit brennbarer Flüssigkeit übergossen.Standard schreibt der Österreichischen Presseagentur (APA) die schlechtere-als-Handgranate-Information zu, die auch ein legitimer Nachrichtendienst ist. Aber hier scheint "wie die APA erfuhr" tatsächlich zu bedeuten, "dass uns das jemand von der Polizei gesagt hat".
Weil, ist das im Ernst? Ein islamischer "Mob" greift Polizisten mit einem Sprengstoffgerät an, das doppelt so mächtig war wie eine Handgranate? Und sie machten eine Verhaftung ... für versuchten Vandalismus? Um einen der charakteristischen Sätze von Joe Biden zu verwenden: "C‘mon man!", was so viel bedeutet als, "Man, wer würde so etwas glauben?" Und wenn man die APA-Behauptung genau liest, scheint es eine Art Schätzung der kollektiven Sprengkraft der – also - Böllern zu sein, die irgendwo in der Nähe der Polizei abgeschossen wurden.
Ich nehme an, hier sollte ich das Offensichtliche sagen, d.h., dass das Werfen von Böllern auf Polizeiautos nicht wirklich eine kluge Sache ist. Auch in Wien, wo die Bullen nicht so schiess-freudig sind wie die in einer typisch amerikanischen Stadt. Aber, bitte! Das Abschießen von unautorisierten Feuerwerkskörpern in der Silvesternacht ist nicht gerade etwas, was die Wiener Polizei noch nie gesehen hat, auch wenn die Gefahr, dass sich Menschenmassen auch im Freien für so etwas versammeln, etwas höher ist als in anderen Jahren.
Die COVID Superspreader-Veranstaltung in der Linzer Innenstadt hat jedoch keinen solchen sofortigen Aufschrei ausgelöst. Aber wir wissen aus zehn Monaten Erfahrung, dass solche Zusammenkünfte das Virus verbreiten werden und dass einige Menschen dadurch krank werden, und einige können auch sterben könnten. In Oberösterreich sind Intensivbetten bereits mangelhaft.
Aber die COVID Superspreader in Linz waren vermutlich meist gute, weiße Österreicher ohne einen sogenannten "Migrationshintergrund", was formal bedeutet: Menschen, die selbst oder ihren Eltern aus einem anderen Land als Österreich stammen. Und es gab offenbar keine Festnahmen wegen versuchten Vandalismus.
Die autoritären Politiker in Österreich fordern also nicht, dass Menschen, die unverantwortlich und wissentlich ein tödliches Virus verbreiten, aus Österreich samt ihre ganzen Familien vertrieben sollten.
Xenophobie in Echtzeit. Gar nicht schön.
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