Am Dienstag hat das Bundesverfassungsgericht sein lang erwartetes Urteil zur Rechtmäßigkeit der Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB) verkündet. Darin kommt es zu dem Schluss, dass der Aufkauf von Staatsanleihen teilweise gegen das Grundgesetz verstößt. Das Gericht wirft der EZB vor, sie habe bei ihrem Ankaufprogramm von Staatsanleihen die damit verbundenen wirtschaftspolitischen Auswirkungen ausgeblendet und so den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit offensichtlich missachtet. … Hier schließt sich das Gericht einer These mancher Crash-Propheten an – die bisher jedoch noch nie durch Evidenz belegt wurde.Siehe auch: Ruth Berschens et al, Urteil aus Karlsruhe wird zum Eigentor für Deutschlands Standing in Europa Handelsblatt 06.05.2020. Sie berichten:
Schließlich begibt sich das Eurosystem mit zunehmender Laufzeit des Programms und steigendem Gesamtvolumen in eine erhöhte Abhängigkeit von der Politik der Mitgliedstaaten, weil es das PSPP immer weniger ohne Gefährdung der Stabilität der Währungsunion beenden und rückabwickeln kann.Auch diese These ist längst von der Realität überholt worden. Zur Erinnerung: Die EZB hatte das QE-Programm zum Jahresende 2018 vollständig eingestellt, ohne dass es zu einer Gefährdung der Stabilität der Währungsunion gekommen wäre. Dass es im November 2019 wieder aktiviert werden musste, lag an der offensichtlichen Eintrübung der konjunkturellen Situation des Euroraums, nicht zuletzt der wirtschaftlichen Stagnation in Deutschland. [meine Fettung]
Deutschland hat im Zuge der Coronakrise eigentlich in vielen EU-Ländern an Ansehen gewonnen. Trotz Diskussionen um die Solidarität mit den besonders hart getroffenen Ländern galt die Bundesrepublik als guter Partner. Doch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB) stellt nun alles auf den Kopf: Selten hat es einen solchen Shitstorm gegen Deutschland gegeben. Der Spruch aus Karlsruhe löst einen Grundsatzkonflikt aus und erweckt den Eindruck, Berlin halte es mit George Orwell: Alle sind gleich, nur wir sind gleicher.Mark Schieritz ist gar nicht von der Entscheidung begeistert;
Vor allem in Frankreich und Italien, aber auch in Spanien herrscht Unverständnis, ja Empörung über dieses Urteil. „Die Entscheidung des Karlsruher Verfassungsgerichts ist kein Element der Stabilität“, sagte Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire am Mittwoch. „Die europäischen Verträge garantieren die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank“, betonte Le Maire. Die Notenbank entscheide über die Bedingungen für die Ausübung ihres Mandats unter der ausschließlichen Kontrolle des Europäischen Gerichtshofs, der wiederum Hüter der Verträge sei.
Auch Italiens Premier Giuseppe Conte zeigte sich entsetzt. „Es ist nicht die Sache irgendeines Verfassungsgerichts, zu entscheiden, was die EZB machen oder nicht machen kann“, sagte er im Interview der Zeitung „Il Fatto Quotidiano“. [meine Fettung]
Ich denke @PeterBofinger bringt es hier auf den Punkt: Das Gericht selbst meinte, sich ökonomischer Theorien bedienen zu müssen – und damit hat es sich in einen Irrgarten begeben. https://t.co/FINXoZaXv8 pic.twitter.com/6QhD0tl9tg— Mark Schieritz (@schieritz) May 6, 2020
Aber mindestens hat "das deutsche Höchstgericht die Anleihekäufe nicht als unzulässige Staatsfinanzierung angesehen." (Deutsches Gericht bremst EZB bei Anleihekäufen Oberösterreichische Nachrichten 06.05.2020)
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